Sonder-TTT: Coronavirus und seine Folgen
Coronavirus – Was tun?
Liebe Mandanten,
jeder von Ihnen hat bedingt durch Corona unterschiedliche Sorgen und Nöte, einige davon scheinen aber dann noch mehr als einen zu betreffen. Dies jedenfalls ist unser Eindruck aus den vielen Anrufen, die wir bekommen haben. Und auch wenn es überwiegend bittere Wahrheiten sind, wollen wir das Wichtigste davon wollen einmal zusammenfassen:
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Betroffen sind viele
Wenn Sie nicht zu den wenigen Branchen gehören, die von der aktuellen Situation einen wirtschaftlichen Vorteil haben, dann gehen Sie bitte davon aus, dass tatsächliche viele und zum Teil akut existenzbedrohend betroffen sind. Auf der anderen Seite stehen auf Seiten des Staates nicht die personellen Ressourcen zur Verfügung, um dieser Problematik zeitnah Herr werden zu können. Mit anderen Worten: Überall dort, wo Sie auf die Hilfe des Staates bauen, dauert es. Und eilig hat es hier wirklich jeder. Glauben Sie also bitte nicht den Medienaussagen, dass „schnell geholfen wird“. Gehen Sie bitte lieber davon aus, dass Sie alle erst einmal auf sich gestellt sind. Und ein Ende davon ist noch nicht absehbar.
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Umgang mit den Finanzämtern
In den Medien hören und lesen Sie Ankündigungen der folgenden Art:
„Mit diesen bereits vorhandenen Instrumenten können wir einen Beitrag leisten, Unternehmen ein Stück weit vor Liquiditätsengpässen zu bewahren”.
Was ist damit gemeint? Gemeint sind:
- Herabsetzung oder Aussetzung laufender Vorauszahlungen zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer auf Antrag
- Stundung fälliger Steuerzahlungen
- Erlass von Säumniszuschlägen
- Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen
Sie wissen alle, dass Sie gerade erst zum 10. März Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer geleistet haben. Die nächsten Vorauszahlungen werden zum 10. Juni fällig. Dies ist also die erste, fällig werdende Steuerzahlung, für die ein Herabsetzungsantrag möglich wäre. Was brauchen wir von Ihnen, damit wir dies rechtzeitig tun können? Ihre Belege und zwar so schnell als möglich! Bitte reichen Sie gerne in den kommenden Monaten nicht nur möglichst zeitnah alle Buchhaltungsunterlagen bei uns ein, sondern gerne auch schon im laufenden Moment. Je schneller wir an Ihre Belege kommen, desto zeitnäher können wir buchen und desto aussagekräftiger sind Ihre betriebswirtschaftlichen Auswertungen, die wir dem Finanzamt vorlegen müssen, wenn wir für Sie Herabsetzungsträge stellen.
Die übrigen Maßnahmen, von denen Sie in der Zeitung lesen (Stundung, Erlass, Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen) haben rechtlich sehr hohe Hürden. Zu den Vollstreckungsmaßnahmen wurde von Seiten der Finanzverwaltung bereits geäußert, dass bis Ende 2020 darauf verzichtet werden soll. Aber welche Steuerzahlungen sind davon denn betroffen? Allenfalls die Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer und Körperschaftsteuer und eventuell noch rückständige Einkommensteuer und Körperschaftsteuer. Bitte gehen Sie immer davon aus, dass Sie Umsatzsteuer und Lohnsteuer vollständig abführen müssen.
Was Sie zu Stundung und Erlass im eigenen Interesse beachten sollten, ist Folgendes:
Es gibt aktuell keinerlei Aussagen der Finanzverwaltung dazu, dass es bedingt durch Corona erleichterte Voraussetzungen für Stundung und Erlass gibt. Es wäre das erste Mal in der Geschichte dieser Republik, wenn die Finanzverwaltung eine von der Politik angekündigte „Großzügigkeit“ auch wirklich umsetzte. Wir gehen also davon aus, dass es bei Stundung und Erlass immer weiter reine Einzelfallentscheidungen sein werden, die durch die Finanzämter erfolgen. Was Sie deshalb tun müssten, wäre, den klaren Nachweis des Zusammenhangs von Corona und Zahlungsschwierigkeit sowie Prüfung von „Stundungswürdigkeit“ oder gar Erlass führen zu können. Mit anderen Worten: Sie müssten schriftlich dokumentieren, wie genau sich Corona auf die wirtschaftliche Entwicklung ausgewirkt hat. Sie könnten beispielsweise Folgendes tun:
- Warenbestände (Inventur) erfassen, ggf. auch Fotodokumentation
- Fertige und halbfertige Arbeiten erfassen, ggf. auch Fotodokumentation
- Möglichkeiten der Material- und Warenbeschaffung, drohende Beschränkungen
- „Auftragsbuch“/Reservierungsbuch, Abgesagte Aufträge/Termine
- Gas-/Stromzählerstände, ggf. auch Fotodokumentation
- Insbesondere Gastronomie: Fotodokumentation zur Anzahl der Plätze, Abstände der Tische
- Dokumentation des Maßnahmenplans
- Dokumentation der „fixen“ Kosten (Mieten, Leasing, usw., der Großteil ergibt sich aus der Finanzbuchhaltung, jedoch bitte auch „neue“ Verpflichtungen nicht vergessen) und „fixen“ Liquiditätsabgänge (Darlehensraten, bitte auch auf „neue“ Tilgungsraten (z.B. bei Darlehen, die bislang tilgungsfrei waren) achten.
- Verzögerung von anstehenden oder bereits begonnenen Investitionen
- Mitarbeiter-Schlüsselpositionen und mögliche Alternativbesetzung bei krankheitsbedingtem Ausfall
- Anpassung von individuellen Pausen-, Schicht- und Arbeitszeiten, um ggf. „geballtes“ Zusammenkommen zu vermeiden
- Überprüfung von internen Hygienemaßnahmen und -anweisungen
- Möglichkeiten zur Einrichtung von Heimarbeitsplätzen
Und zum Thema Finanzamt ein Letztes: Bitte gehen Sie davon aus, dass alle für Sie bisher bestehenden steuerlichen Pflichten auch weiter gelten. Mit anderen Worten: Unsere Arbeit bleibt dieselbe! Für uns gelten dieselben Fristen wie immer, und diese Fristen müssen wir in Ihrem Interesse einhalten. Uns beschert Corona also nur ganz erhebliche Mehrarbeit – profitieren tun wir dennoch nicht davon.
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Kein Topf mit staatlichem Gold
Sie können sich sicher sein, gäbe es irgendwo einen versteckten Topf mit staatlichem Gold, aus dem man sich für seine aktuellen Umsatzausfälle bedienen könnte, wir würden es Ihnen sagen. Aber leider ist das Gegenteil der Fall.
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a) Kredite, Zuschüsse
Die derzeitigen Förderprogramme der Länder, des Bundes und der EU stehen weiterhin zur Verfügung. Zu den Fördermaßnahmen, die uns alle aber am meisten interessieren, nämlich die konkreten Corona-Hilfen heißt es bei den Förderbanken derzeit: „Ist geplant, wir melden uns, wenn wir mehr wissen.
Für Niedersachsen schauen Sie bitte auf der Seite der NBank (https://www.nbank.de/Blickpunkt/Covid-19-%E2%80%93-Beratung-f%C3%BCr-unsere-Kunden.jsp). Für alle anderen Bundesländer verfolgen Sie bitte die Informationen auf der Seite des für Sie zuständigen Förderinstituts. Für alle gelten die Informationen auf der Seite der KfW.
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b) Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz
Angenommen, Sie würden sich mit all Ihren Mitarbeitern mit Corona infizieren und würden dann unter Quarantäne gestellt werden, dann hätten Sie tatsächlich einen Entschädigungsanspruch nach dem Infektionsschutzgesetz. Voraussetzung für Entschädigungsansprüche ist also das Verbot der Erwerbstätigkeit oder die Anordnung von Quarantäne aus infektionsschutzrechtlichen Gründen. Und um infektionsschutzrechtliche Gründe handelt es sich nur, wenn Sie “Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder sonstiger Träger von Krankheitserregern“ sind und deshalb nicht mehr arbeiten dürfen oder in Quarantäne gesteckt werden.
Die aktuellen Erlasse, dass viele Geschäfte geschlossen werden müssen, erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Ordnen Sie Betriebsferien an oder schicken Sie einzelne Mitarbeiter in den Urlaub, fällt das nicht unter den Anwendungsbereich des Infektionsschutzgesetzes.
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c) Kurzarbeitergeld
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aa) Was ist überhaupt Kurzarbeit?
Die Einführung von Kurzarbeit macht wirtschaftlich Sinn, wenn als Ausgleich für den Verdienstausfall konjunkturelles Kurzarbeitergeld (Kug) gezahlt wird. Das ist nach dem Sozialgesetzbuch III möglich, wenn durch ein sog. „unabwendbaresEreignis“ vorübergehend ein „erheblicher Arbeitsausfall“ eintritt. Das kann bei Absagen von Veranstaltungen, bei einer größeren Zahl von Stornos, beim Einbruch des Neugeschäfts oder bei einer deutlich geringeren Frequenz als unter normalen Umständen in Folge des Coronavirus der Fall sein. Erst recht natürlich bei Extremereignissen wie Betriebsschließungen oder der Abriegelungen ganzer Regionen.
Aber Achtung:
Nur der Nachweis von Umsatzeinbrüchen, auch wenn sie dramatisch sind, reicht nicht aus. Es muss vielmehr zu Auswirkungen auf den Personalbedarf von einer gewissen Intensität kommen. Und dies muss auch belegbar sein.
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bb) Wer bekommt KuG, wer nicht?
Voraussetzung für das KuG ist, dass ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis besteht, das nicht gekündigt oder aufgelöst ist.
Wer bekommt damit also schon einmal kein KuG? Minijobber!
Und wie ist das mit Auszubildenden? Diese sind zwar nicht von vornherein vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen. Da sie nach dem Berufsbildungsgesetz jedoch einen Anspruch auf volle Ausbildungsvergütung bis zur Dauer von sechs Wochen haben, läuft Kug bei ihnen faktisch leer. Dazu kommt, dass auch der Anspruch des Auszubildenden, ausgebildet zu werden, grundsätzlich auch in Betrieben mit Kurzarbeit fortbesteht. Der Ausbildende muss alle Mittel ausschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kommt Kurzarbeit in Betracht, insbesondere wenn der Ausbildungsbetrieb über eine gewisse Zeit vollständige zum Erliegen kommt.
Wenn ein die Kündigung eines Arbeitsvertrages zugegangen oder ein Auflösungsvertrag abgeschlossen ist, entfällt der Anspruch auf Kug. Die Konsequenz ist, dass während der Kündigungsfrist der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt zu zahlen hat.
Das Auslaufenlassen von Befristungen hindert den Kug-Anspruch bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht.
GmbH-Geschäftsführer sind nur Kug-berechtigt, wenn sie den Status eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmers haben. Sind sie Selbständige, greift Kug nicht. Das ist z.B. häufig bei Gesellschafter-Geschäftsführern der Fall.
Auch bei Praktikanten und Werkstudenten kommt es darauf an, ob sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.
Krankheit: Tritt während des Kug-Bezugs Arbeitsunfähigkeit ein, so besteht der Anspruch auf Kurzarbeitergeld fort, solange ohne den Arbeitsausfall Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall bestehen würde. Bei Erkrankung vor Beginn des Kug zahlt die Krankenkasse Krankengeld in Höhe des Kug, wenn ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht.
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cc) Wie und wann kann man Kurzarbeitergeld beantragen und wer kann dazu beraten?
Zuständig für das Kurzarbeitergeld ist die örtliche Arbeitsagentur. Dort muss zunächst die Kurzarbeit angezeigt werden
(Formular dafür: https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf), dann kann das Kug beantragt werden (Formular dafür: https://www.arbeitsagen-tur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf).
Aus den verlinkten Formularen geht insbesondere auch hervor, welche Angaben gemacht und Unterlagen eingereicht werden müssen.
Wie das Bundesarbeitsministerium informierte, kann jetzt schon Kug nach den zukünftigen neuen Regeln beantragt werden. Das verbesserte Kug soll rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft treten.
Vor Anzeige bzw. Antrag empfiehlt sich unbdingt die telefonische Kontaktaufnahme mit der Bundesagentur für Arbeit, möglichst mit Ihrem persönlichen Ansprechpartner bei der örtlichen Arbeitsagentur bzw. Ihrem Großkundenbetreuerum auszuloten, ob die Voraussetzungen für das Kug vorliegen bzw. an welchen Punkten die Arbeitsagentur ggf. Zweifel oder Nachfragen hat.
Ihre örtliche Arbeitsagentur können Sie über die PLZ auf www.arbeitsagentur.de suchen.Für Unternehmen, die noch keinen persönlichen Ansprechpartner haben, empfiehlt sich die gebührenfreie, zentrale Tel.-Nr. 08004 5555 20.
Wie wir von unseren Mandanten wissen, ist der Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit derzeit telefonisch kaum erreichbar. Wenn Sie also trotz aller Bemühungen keine Kontaktaufnahme erreichen können, können Sie die Anzeige von Kurzarbeit auch online über die eServices der Bundesagentur für Arbeit vornehmen und eine Rückrufbitte über das Kontaktformular auf www.arbeitsagentur.de hinterlassen.
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dd) Soll ich jetzt schon KuG beantragen?
Nach derzeitiger Rechtslage ist das KuG auf 12 Monate begrenzt. Und wissen Sie, wie es nach Ende April weitergeht? Eine Überlegung könnte deshalb sein, den durch Corona bedingten Arbeitsausfall zunächst durch innerbetriebliche Maßnahmen (z. B. Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten, Fort- und Weiterbildungen, Betriebsurlaub, Abbau von Überstunden) abzufangen und erst Mitte April 2020 einen Antrag auf Gewährungen von Kurzarbeitergeld zu stellen, wenn man – hoffentlich – genauer weiß, wie es weitergeht.
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ee) Kann ich Kurzarbeit eigentlich einfach anordnen?
Schlichte Antwort: Nein.
Kurzarbeit bedarf der Zustimmung des Mitarbeiters. In Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Arbeitsverträgen kann es Regelungen zum Thema Kurzarbeit geben. Ist aber bei Ihrem konkreten Mitarbeiter all dies nicht der Fall, müssten Sie tatsächlich eine schriftliche Vereinbarung mit dem Mitarbeiter über die Kurzarbeit schließen.
Im Ergebnis können wir Ihnen nur empfehlen, sich wegen der gebotenen arbeitsrechtlichen Maßnahmen auch arbeitsrechtlich beraten zu lassen, damit hier keine Fehler gemacht werden, die Sie später einholen. Wenn Sie insoweit Bedarf haben, melden Sie sich gerne, damit wir eine arbeitsrechtliche Beratung vermitteln können.
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Schlusswort
Wir sammeln weiter die Fragen, die an uns herangetragen werden und werden Sie alle dann wieder darüber unterrichten.